Süchtig nach Hula Hoop | Kirsten Wendt

15 Mar 2021  Kirsten  2 minuten lesezeit.

Süchtig nach Hula Hoop

Sogar zum Fasten an den Bodensee hab ich einen Reifen mitgenommen

Ich musste fünfzig Jahre alt werden, um endlich eine Sportart zu finden, die mir Spaß macht. Seit zwei Monaten liege ich mit meiner Sucht nach Hula Hoop voll im Trend. Ich und eine Trendsportart – dass ich das noch erleben darf! Mich konnte noch nie ein neuer Kurs im Fitnessstudio begeistern, so was gibt es in meinem Leben einfach nicht. Genau genommen gibt es noch nicht mal ein Fitnessstudio in meinem Leben. Ich hasse Sport, das war schon immer so, und ich war mir sicher, eines Tages als Sportmuffel abzudanken. Schulsport: Traumatisch, darüber kann ich noch nicht mal schreiben. Mannschaftssport: Diese Bürde will ich meinen Mitmenschen nicht auferlegen. Yoga, Qi Gong, Tai Chi: Aua, das tut doch weh!

Okay, ich laufe täglich (nicht joggen, zu anstrengend), ich tanze gern, habe aber das Disco-Alter geringfügig überschritten. Schwimmen mag ich auch. Ich springe in jedes Gewässer, wenn sich die Gelegenheit bietet und ziehe eine halbe Stunde lang meine Bahnen. Das reicht dann aber wirklich, zu mehr kann ich mich nicht aufraffen. Grundsätzlich sind mir Pools und Schwimmbäder ohne gut lesbare Uhren außerhalb des Beckens suspekt. Glücklicherweise ist das hier in der Buchinger-Wilhelmi-Klinik am Bodensee anders. Die Uhr ist riesig. Schließlich möchte ich mich nicht zu lange bewegen. Und auch nicht zu kurz.

Schwimmbad in der Buchinger Fastenklinik Überlingen

Die Zeit vergeht nicht besonders schnell, wenn ich mich sportlich betätige. Wie kann man sich nur freiwillig schinden, ins Schwitzen geraten und wegen irgendwelcher Bestzeiten selbst motivieren? Hab ich nie verstanden. Gern wäre ich wie meine Tennis-/ Turmspring-/ Badminton-Freundinnen drauf gewesen, aber irgendwann akzeptierte ich die Tatsache, eine faule Sau zu sein.

Und jetzt das. Ein neues Lebensgefühl. Jeden Tag – und ich meine wirklich jeden! – hullere ich eine Stunde im Wohnzimmer und bin dabei vollkommen glücklich. Nach spätestens drei Songs, die ich währenddessen laufen lasse, überkommt mich unfassbar gute Laune. Nach einer Viertelstunde denke ich: O, schon so lange? Kam mir vor wie fünf Minuten! Nach einer halben Stunde schrei ich euphorisch Alexa an. Alexa, lauter! Unser Wohnzimmer wird zum Dancefloor, die Playlists der Hits der 80er, 90er und von heute werden immer länger. Ich flipp total aus, ich bin eine Hula Hoop-Queen, yeah, ich liebe es!

Liebe Leute, falls ihr auch sportlich unmotiviert seid, vernehmt die frohe Kunde: Es gibt Hoffnung! Nie im Leben hätte ich es für möglich gehalten, dass ich in knappen Sportklamotten – bauchfrei geht’s meiner Meinung nach am besten – freiwillig etwas für Oberkörper, Beckenboden und Fitness tu und dabei ordentlich Kalorien verbrenne. Apropos … Ich faste und huller dann mal weiter.