Früher bin ich manchmal mit meiner Oma und meiner Tante auf den Wochenmarkt gegangen, wenn ich in Eiderstedt zu Besuch war. Von meinen Eltern kannte ich so was nicht, wir fuhren nie zum Markt. Wozu gab es schließlich Edeka und Aldi? Auf dem Markt kauften einfache Leute ein, die zu viel Zeit hatten und dort mitten auf dem Weg stehen blieben, um mit Kaffeeklatschbekanntschaften über Gott und die Welt zu tratschen – unnötig.

Ich fand’s großartig. Obwohl ich schon als Kind äußerst verfressen war, interessierten mich die Menschen auf dem Markt viel mehr als Brot, Obst und Gemüse. Wozu gab es schließlich unseren Garten? Meine weiblichen Vorfahren tickten offenbar wie ich. Es spielte absolut eine Rolle, was Frau Pastor anhatte und ob die Wasserwelle dem Schietwetter standhielt. Oma Alma und Tante Elke, von mir Tante Igelohr genannt, veranstalteten vor der Abfahrt im Mercedes einen Riesenzauber. Ich kapierte nie, warum die Tochter der Mutter fünf Mark gab und drei Mark zurückbekam, nach welchen geheimen Regeln dieser Geldtransfer in schwarzen Lederportemonnaies über die Bühne ging und weshalb im Anschluss erneut gerechnet und die Stirn gerunzelt wurde. Die eine schien aufzupassen, von der anderen nichts übers Ohr gehauen zu werden. Wieso bezahlte nicht jeder für sich, warum mussten Kuchenstücke geteilt werden, anstatt einfach zwei Kuchen zu kaufen? Ich weiß es bis heute nicht und kann leider nicht mehr fragen. Fest stand: Markttag war eine ernst zu nehmende Angelegenheit.

Wie gerne würde ich meiner Oma und meiner Tante unseren Markt in Hamburg im Turmweg zeigen. In Zeiten von Corona ist der Wochenmarkt am Donnerstag das erklärte Highlight meines Mannes und mir, allerdings gehen wir heute deutlich verschwenderischer vor. Jeden Donnerstag nach dem Markt nehmen wir ein Kilo zu und quälen uns den Rest der Woche um die Alster, um es wieder abzunehmen. Weil wir uns grundsätzlich nicht zwischen Cheesecake und Bienenstich entscheiden können, nehmen wir beides. Außerdem hab ich keinen Schimmer, ob die Backwaren vom Portugiesen oder Franzosen besser sind. Beim Blumenkauf das gleiche Problem, aber so schlimm ist es auch wieder nicht – wozu gibt es schließlich Vasen?